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Österreich is(s)t politisch!

Unser Umgang mit Nahrung sagt viel über uns aus: über unsere Werte, unsere Herkunft, aber auch über unsere politische Einstellung. In Österreich dominiert ein System der Nahrungsmittelbeschaffung, das Lebensmittel im Überfluss produziert und leichtfertiges Wegwerfen motiviert.

Gegen dieses System regt sich zunehmend Widerstand. Menschen suchen und finden alternative Wege der Ernährung, die der Verschwendung und Überproduktion entgegenwirken sollen. Alternativen der Lebensmittelbeschaffung und des -konsums in den eigenen Alltag zu integrieren, ist Ausdruck von Konsumkritik der Teilnehmenden. Diese Handlungen nennen wir agrikulturellen Protest, welcher im Folgenden anhand von vier Konsummodellen in Wien dargestellt wird. Ziel dieser Protestform ist die gerechte Herstellung und Verteilung von Nahrungsmitteln: die Ernährungssouveränität.

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Wähle deine Nahrungsmittelkette

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Die Grafik zeigt unterschiedliche Etappen, die unser Essen durchläuft, bevor es auf unserem Teller landet. Neben der gängigen Nahrungsmittelkette, in der die Nahrungsmittelbeschaffung über Lebensmittelgeschäfte verläuft, gibt es auch alternative Wege. Beispielsweise werden die Wege und Zwischenstationen über Initiativen wie FoodCoops oder CMA verkürzt. Beim Dumpstern wiederum, wird ein Schritt hinzugefügt. Welche Nahrungsmittelketten nutzt ihr?

schaubild der nahrungsmittelketten Beispiele unterschiedlicher Nahrungsmittelketten, Bildquelle: Jannika Samson.
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Dumpstern

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dumpstern

Dumpstern, die etwas andere Art einzukaufen

Dumpstern, auch Containern genannt, beschreibt eine Form bzw. einen Modus der Nahrungsmittelbeschaffung, bei der weggeworfene, noch genießbare Lebensmittel aus Mülltonnen entnommen werden. Meist handelt es sich um Müllcontainer eines Supermarkts, die in oft abgeschlossenen Müllräumen stehen. Die Beweggründe der dumpsternden Akteur*innen sind unterschiedlich. Manche Dumpstern aus Notwendigkeit, andere aus Spaß, wieder andere entscheiden sich aus politischen Gründen für diesen Weg der Beschaffung von Nahrungsmitteln. Die verarbeiteten Lebensmittel sind geschmacklich nicht zu unterscheiden von den im Supermarkt gekauften Waren.

dumpstern Einblick in eine Mülltonne vor und nach dem Dumpstern. Bildquelle: Florence Naly.

Ist Dumpstern il/legal?

In der öffentlichen Diskussion nimmt die Frage der (Il-)Legalität des Dumpsterns eine zentrale Rolle ein. In Österreich ist die rechtliche Lage ungeklärt, da keine eindeutigen Gesetzesparagrafen existieren. Die Tätigkeit kann unter §127 StGB Diebstahl oder §129 StGB Einbruchsdiebstahl des österreichischen Strafgesetzbuches stehen und somit rechtliche Folgen nach sich ziehen. Die rechtliche Situation beeinflusst auch die Planung und den Ablauf einer Dumpster-Aktion. Sie kann ein Faktor für oder gegen die Entscheidung zu Dumpstern sein.

dumpstern Ausbeute eines „Dumpster-Einkaufs“ im Müllraum. Bildquelle: Florence Naly.
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foodsharing

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foodsharing

foodsharing oder das Retten von Lebensmitteln

Die 2012 in Deutschland gegründete Initiative foodsharing stellt aktuell auch in Österreich eines der größten Netzwerke gegen Lebensmittelverschwendung dar. Um dem rechtlichen Dilemma des Dumpsterns zu entgehen, kontaktierte der Aktivist Raphael Fellmer Anfang des Jahres 2012 in Berlin diverse Supermärkte, in denen er zuvor gedumpstert hatte. Zusammen mit Georg Kaiser, dem Geschäftsführer der Bio Company, entstand so der erste „Lebensmittelretterpakt“ (vgl. Lebensmittel Retten Wiki o.J.). Der Grundgedanke der Organisation lautet: Nahrungsmittel, die übrig bleiben, fair neu zu verteilen, statt diese wegzuwerfen (vgl. Foosharing o.J.).

Foodsharing stützt sich neben ortsansässigen Organisationsteams auf zahlreiche freiwillige Lebensmittelretter*innen, die Foodsaver. Diese können nach Anmeldung Nahrungsmittel „retten“. Dabei werden bei kooperierenden Betrieben übriggebliebene Lebensmittel eingesammelt und neu „fair-teilt“.

Belege:

Lebensmittel Retten Wiki (o.J.): Geschichte von foodsharing, letzte Überarbeitung vom 12.02.2020, https://wiki.foodsharing.de/Geschichte_von_foodsharing (letzter Zugriff: 02.12.2020).

Foodsharing.at. (o.J.): foodsharing — Rette mit!, https://foodsharing.at/ (letzter Zugriff: 02.12.2020).
foodsharing Von foodsharing Wien gerettete Lebensmittel. Bildquelle: foodsharing Wien.

Fairteiler als agrikultureller Protest

Fairteiler sind Sammelpunkte, oft auch nur ein Kühlschrank oder ein Regal, welche Lebensmittelretter*innen die Möglichkeit bieten, nach einer „Rettungsaktion“ Nahrungsmittel zu lagern. Wer an einem mit Lebensmitteln gefüllten Fairteiler vorbeikommt, kann Nahrung zum eigenen Konsum mitnehmen. So entsteht eine Kette, durch die Lebensmittelverschwendung minimiert wird.

Fairteiler Fairteiler in Wien. Bildquelle: Florence Naly (Karte) & foodsharing Wien (Foto).
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FoodCoop

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foodcoop

FoodCoop – Beispiele für Wiener Ernährungssouveränität

FoodCoops sind Nahrungsmittelkooperationen. Sie sind Zusammenschlüsse von Individuen, die gemeinsam Lebensmittel direkt von den Produzent*innen beziehen. Häufig wird hierzu ein Raum angemietet, welcher als „Lebensmittelgeschäft“ genutzt wird. FoodCoops arbeiten nach dem Konzept der Ernährungssouveränität. Österreichweit existieren 91 FoodCoops, 43 davon befinden sich in Wien und Umgebung (FoodCoops.at o.J.).

Beleg: FoodCoops.at (o.J.): FoodCoops in Österreich, https://foodcoops.at/bestehende-foodcoops/ (letzter Zugriff: 03.01.2021).
foodcoop FoodCoop-Mitglieder zahlen monatlich einen Mitgliedsbeitrag. Dieser gewährleistet, dass die Infrastruktur der Nahrungsmittelkooperationen funktioniert. Zudem gewährleistet die Mitgliedschaft allen Beteiligten das gleiche Mitbestimmungsrecht. Kosten des eigenen Konsums werden unabhängig davon berechnet. Bildquelle: FoodCoop AG Öffentlichkeitsarbeit.
foodcoop Regelmäßige Plena ermöglichen, dass die Mitglieder in die Organisation der eigenen FoodCoop miteinbezogen werden. Entscheidungen treffen sie dabei gemeinschaftlich, zum Beispiel über die Wahl der Produzent*innen. Das Lebensmittelsystem soll so re-demokratisiert werden. Bildquelle: FoodCoop AG Öffentlichkeitsarbeit.
foodcoop Die Wiener FoodCoops organisieren sich unabhängig voneinander. Nichtsdestotrotz kommt es bei manchen Lebensmittelbestellungen zu FoodCoop-übergreifenden Sammelbestellungen. Beispielsweise bei Reis oder Zitrusfrüchten. Bildquelle: FoodCoop AG Öffentlichkeitsarbeit.
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LoBauerInnen

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anzeigebild lobauerinnen

LoBauerInnen – die erste CMA der Welt

Der Begriff Community made agriculture (CMA) wurde von den LoBauerInnen als Spezialform der Community supported agriculture (CSA) entwickelt. Die Mitglieder agieren darin als Prosument*innen, also in einer Rollenkombination von Produzent*innen und Konsument*innen.

Der Verein der LoBauerInnen definiert sich selbst als ein „gemeinschaftliches Bio-Landwirtschaftsprojekt“, in dem die Mitglieder Entscheidungen gemeinsam treffen. Die zur Entscheidungen stehenden Themen variieren von administrativen Fragen über Erntelogistik bis hin zu neuen Projektideen (vgl. LoBauerInnen.at o.J.).

Beleg: LoBauerInnen.at (o.J.): LoBauerInnen – ein gemeinschaftliches Bio-Landwirtschaftsprojekt, https://www.lobauerinnen.at/ (letzter Zugriff: 02.12.2020).

Zur Gründungsidee der LoBauerInnen oder wie ich selbst aktiv werde

Im folgenden Audioausschnitt aus dem einstündigen Interview mit dem Gründungsmitglied Nikolai Ritter erfährst du, wie die Idee des Vereins LoBauerInnen zustande kam und welche Hürden dabei bewältigt werden mussten.

Audioquelle: Florence Naly.