Faires Protestieren? Kleidung als Protest
Täglich entscheiden wir als Konsument*innen, wie und womit wir uns kleiden. Kleidung ist mehr als nur Mittel zum Zweck. Träger*innen schreiben ihr individuelle Bedeutung zu – genauso wird durch sie gesellschaftliche Bedeutung transportiert.
Als eine Form von Kleidung zeichnet sich Fair Fashion vielfältig aus: Kleidungsstücke werden etwa aus ökologisch produzierten Ressourcen hergestellt, die Arbeitnehmer*innen werden fair bezahlt oder das Unternehmen wird nachhaltig geführt. Fair Fashion will gezielt Missstände aufzeigen, welche in der herkömmlichen Modebranche, genannt Fast Fashion, herrschen, und gegen diese protestieren: gegen Umweltverschmutzung, übermäßigen Konsum oder die Ausbeutung von Arbeitskräften.
Der Kauf und das Tragen von Fair Fashion können als eine Form des Protests gesehen werden. So können wir als Konsument*innen durch unser Konsumverhalten zur Kritik an gesellschaftlichen Verhältnissen beitragen.
Fast Fashion
Einsturz Rana Plaza
Am 24. April 2013 stürzte das Rana Plaza in Bangladesch ein, ein Gebäudekomplex, in dem mehrere Textilfirmen für Fast Fashion Bekleidungsmarken wie Primark, Mango oder Benetton produzierten. 1.134 Textilarbeiter*innen kamen dabei ums Leben und weitere 2.600 wurden verletzt. Bereits am Vortag wurden Risse in der Gebäudestruktur entdeckt, woraufhin dieses gesperrt wurde. Die Betreibenden der Textilfabriken widersetzten sich jedoch der behördlichen Anordnung und beorderten ihre Arbeitnehmer*innen am nächsten Tag trotzdem in das einsturzgefährdete Gebäude. Grund hierfür sei der Produktionsdruck durch die Auftraggebenden Modekonzerne gewesen (vgl. Clean Clothes Campaign o.J.).
Beleg: Clean Clothes Campaign (o.J.): Rana Plaza, https://cleanclothes.org/campaigns/past/rana-plaza (letzter Zugriff: 02.04.2020).Die Probleme der Kleidungsindustrie
Weltweit betrachtet ist die Kleidungsindustrie nach der Automobil- und Technologiebranche die drittgrößte. Dennoch werden die Arbeitnehmer*innen in diesem Wirtschaftsbereich ausgesprochen schlecht bezahlt. Zudem stellt die Bekleidungsbranche eine der größten Umweltgefährdungen dar (vgl. World Bank 2019: o.S.).
Beleg: World Bank (2019): How Much Do Our Wardrobes Cost to the Environment?, https://www.worldbank.org/en/news/feature/2019/09/23/costo-moda-medio-ambiente (letzter Zugriff: 02.04.2020).Fair Fashion
Fair Fashion
Fair Fashion will eine Lösung für ökologische und ethische Probleme in der herkömmlichen Kleidungsindustrie bieten. Fair ist jedoch keine geschützte Begriffsbezeichnung, sondern bezieht sich auf verschiedene Aspekte im Kontext der Kleidungsproduktion: beispielsweise auf die Verwendung ökologisch produzierter Ressourcen, die gerechte Bezahlung der Arbeitnehmer*innen sowie eine nachhaltige Unternehmensführung. Darüber transportiert faire Kleidung bestimmte Werte, sie steht für Transparenz, Konsumkritik bzw. bewussten Konsum sowie für einen nachhaltigen Lebensstil. Aber: ist Fair Fashion tatsächlich DIE optimale Lösung?
Transparenz
Transparenz bedeutet im Kontext von Fair Fashion vor allem, dass der Produktionsprozess der Kleidung, vom Entwurf über die verwendeten Materialien, die Auswahl der Produktionsstätten bis hin zum Verkauf, offengelegt wird. Dies geschieht beispielsweise auf der Homepage eines Labels durch zusätzliche Produktinformationen, kann aber auch über Social-Media-Kanäle vermittelt werden. So erfahren wir beispielsweise zur Marke The Slow Label, dass eine Fabrik von einer Frau namens Hien verwaltet wird. Doch was sagt uns das? Wird damit der Produktionsprozess transparenter? Oder handelt es sich um eine Marketingstrategie, über die eine persönliche Bindung zu den Konsument*innen hergestellt werden soll?
Bewusster Konsum
Fair Fashion ruft nicht nur dazu auf, faire Kleidung zu konsumieren, sondern auch das persönliche Konsumverhalten insgesamt zu hinterfragen. So wird der Kauf eines neuen Gegenstandes oder Kleidungsstückes von den Akteur*innen, beispielsweise Hersteller*innen, Aktivist*innen oder Influencer*innen, oft als letzte Option angesehen, wenn Alternativen wie Tausch, Ausborgen oder Second-Hand Shopping nicht möglich sind oder nicht zur Verfügung stehen.
Lebensstil
Fair Fashion ist ein Konsumgut, das zugleich zur Identitätsbildung beiträgt. Faire Kleidung vermittelt eine gezielte Botschaft, sie schlägt einen nachhaltigen Lebensstil vor, der die Verschwendung von Gütern zu vermeiden versucht. Übermittelt wird diese Botschaft beispielsweise durch Instagram-Profile von Fair Fashion Marken, wie es in den Grafiken zu sehen ist.
Fraglich bleibt, ob dieser Lebensstil für alle Menschen geeignet, zugänglich und erreichbar ist. Wer kann sich diesen Lebensstil und faire Kleidung nicht leisten und wer lehnt diese sogar ab?